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AutorenbildFabian D. Schwarz

Sich als Braut vorführen lassen...

Aktualisiert: 15. Apr. 2022

(Ihr hört lieber? Dann hört mal in meinen Podcast rein. In einer Folge habe ich das Thema auch ausführlich besprochen.)


Eine freie Trauung beginnt meistens mit dem Einzug. Und es ist eine liebgewonnene Tradition, dass die Braut dabei von ihrem Vater vorgeführt wird. Der Bräutigam wartet vorne, bis seine Zukünftige "übergeben" wird. Woher kommt das?

Es ist ein ziemlich alter germanischer Brauch. Bei der Hochzeit wechselte die Frau die Familie und wurde quasi vom Machtbereich des Vaters in den Herrschaftsbereich des Mannes übergeben. Das klingt für heutige Ohren eher seltsam.


Für mich spricht aber auch aus anderen Gründen vieles für einen gemeinsamen Einzug.

Zum einen erlebe ich oft, dass die Situation für den Bräutigam eher unglücklich aussieht. Der ist schon vor Ort, muss sich noch um die letzten Dinge kümmern und warten bis seine Zukünftige den großen Einzug hat. Klar, Überraschung, wie sie wohl aussieht und alles, das ist schon toll. Aber warum soll fast der ganze Fokus auf der Braut liegen? Sind wir ehrlich: Das tut er schon von alleine. Während wir Männer meist mit einem schicken Anzug daher kommen, scheint es bei Frauen unzählige Möglichkeiten der passenden Kleidung zu geben. Hat sie ein kurzes oder langes Kleid? Trägt sie Schleier oder Schleppe? Welche Farbe? Weißes Kleid oder eher - weil ehrlicher - creme? Wenn der Fokus ohnehin schon auf der Braut liegt, dann könnt Ihr als Paar auch zusammen einziehen.



Zum anderen: Generell ist in der freien Trauung ja vieles symbolisch zu verstehen. Das Ritual zum Beispiel oder auch der Segen. Aber auch der Einzug hat einen starken symbolischen Charakter. Nüchtern betrachtet: Wenn Braut und Bräutigam auf verschiedene Weise den Ort der Zeremonie betreten heißt das: Unsere Wege führen hier und heute zusammen. Aber Ihr kommt ja schon aus einer gemeinsamen Geschichte.


Und diese Geschichte habt Ihr bisher als Zweier-Team gemeistert. Vermutlich größtenteils ohne Eure Eltern. Die "Trennung" von den Eltern beginnt mit der Geburt, so sagt man. Und da ist was dran. Als Kinder haben Oma und Opa irgendwann auf Euch aufgepasst und Mama und Papa waren arbeiten oder in Ruhe was Essen. Mit dem Besuch des Kindergartens wurde ein großer Teil des Tages mit Gleichaltrigen verpasst. Die Selbständigkeit nahm dann mit dem Besuch der Schule einen großen Schritt. "Den Schulweg schaff ich jetzt alleine, Papa!" Mit 18 Jahren ward Ihr volljährig und Eure Eltern hatten - zumindest formal - nichts mehr zu melden. Dann der Bezug einer eigenen Wohnung während Ausbildung oder Studium, endlich zum Essen kaufen, was man will. All das habt Ihr immer mehr ohne Eure Eltern erreicht. Auch Euch als Paar habt Ihr - sehr wahrscheinlich - ohne Hilfe Eurer Eltern gefunden. Diese Eigenständigkeit nimmt weiter zu, Erziehung dient dazu, dass wir unser Leben ohne Mama und Papa auf die Reihe kriegen.


Die Hochzeit mag nun für viele Eltern ein weiterer krasser Einschnitt sein. "Eben war sie noch so klein, jetzt müssen wir sie 'loslassen' ". Darum ist nachvollziehbar, warum sich viele Paare für ein Vorführen durch den Vater der Braut entscheiden. Doch zum einen müsste dann der Bräutigam genau so vorgeführt werden - was wohl mitunter auch so zelebriert wird. Zum anderen gibt es aber viele weitere Möglichkeiten, wie Ihr in Eurer Zeremonie Eure Eltern "einbauen" könnt. Zum Beispiel mit besonderen Texten, etwa Fürbitten oder Segenstexten.

(Hört dazu in die Folge "Texte in der freien Trauung")


Ich glaube , das logische Symbol für die freie Trauung ist der gemeinsame Einzug. Damit könnt Ihr zeigen: Wir haben uns selbst dafür entschieden, wir haben es bisher gut alleine gewuppt und bekommen das auch weiterhin ohne unsere Eltern hin.

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