“Schade, dass ich schon geheiratet habe!” Das war eine der Reaktionen auf den Start meiner Tätigkeit als freier Trauredner. Darüber habe ich mich natürlich gefreut - und ich hoffe bis heute, dass der dazugehörige Partner das Zitat der Frau nicht in den falschan Hals bekommen hat...
Postive Reaktionen habe ich einige bekommen. Allerdings gab es auch Nachfragen, die mich etwas herausgefordert haben:
Geht das überhaupt, als katholischer Theologe freie Trauungen anzubieten? Verrate ich da nicht die eigenen Ideale? Immerhin habe ich das ja aus Überzeugung studiert, habe meine Kindheit und Jugend in der kirchlichen Jugendarbeit verbracht und einige Jahre in der katholischen Kirche gearbeitet. Sind freie Trauungen nicht letztlich Konkurrenz zur kirchlichen Trauung?
Ich könnte frech entgegnen: Konkurrenz belebt das Geschäft. Aber so einfach ist die Sache nicht! In Konkurrenz stehen zum Beispiel Daimler und BMW. (Wenngleich es - wie wir wissen - immer wieder Absprachen gibt…) Beide Firmen verkaufen die gleichen Produkte: Autos. Wer also bei BMW in Dingolfing arbeitet, kann nicht gleichzeitig in Untertürkheim für die Firma mit Stern tätig sein. Zu groß wäre die Sorge des Arbeitgebers, dass wichtige Informationen (die wirklich nicht weiter gegeben werden dürfen) von Bayern nach Baden-Württemberg getragen bzw. gefahren werden. Menschen, die ein Auto kaufen wollen, sitzen zu Hause und überlegen: BMW oder Daimler? (Bei mir stellt sich mit Blick aufs Budget und die Kinderanzahl eher die Frage: Welcher geräumige Franzose darf es sein?)
Bei Paaren, die heiraten wollen, sieht das hingegen ganz anders aus. Bei der Planung der Hochzeit sitzen die meist nicht zu Hause und überlegen: “Kirchliche Trauung oder freie Trauung? Pfarrerin oder Trauredner?” Paare schauen nicht auf die Homepage der lokalen Kirchengemeinde und des empfohlenen Trauredners und entscheiden sich dann für das “bessere Angebot”. Freie Trauung und kirchliche Trauung sind so gesehen zwei verschiedene Produkte.
Bei wem Glaube und Kirche im Leben keine Rolle spielen, für den kommt eine kirchliche Trauung nicht in Betracht. Immerhin ist die kirchliche Eheschließung ein Sakrament, man verspricht dabei, sich als Christ oder Christin in der Gemeinde zu engagieren und seine Kinder auch im Glauben zu erziehen. Das muss man schon bewusst versprechen wollen.
Mir ist dabei natürlich bewusst, dass es immer wieder Paare gibt, denen die Entscheidung für die freie oder die kirchliche Trauung schwer fällt. Bei einem "meiner" Brautpaare war die Braut zum Beispiel durch die Jugendarbeit und Freundeskreis ziemlich in Glaube und Kirche verwurzelt. Der Bräutigam konnte aber mit all dem gar nichts anfangen. Die Braut wollte ihrem Zukünftigen nichts überstülpen und die Entscheidung fiel dann auf die freie Trauung.
Umgekehrt gibt es auch immer wieder Paare, bei denen die Entscheidung für die kirchliche Trauung fällt, obwohl eine*r der beiden damit überhaupt nichts anfangen kann.
Die meisten Paare aber entscheiden sich bewusst für die kirchliche oder freie Trauung.
Viele Paare, die nicht kirchlich heiraten, wünschen sich dennoch neben dem Gang zum Standesamt mehr: Mehr Ritual, mehr Bekenntnis, mehr Individualität. (Denn auch wenn es Standesbeamt*innen gibt, die eine persönliche Traurede formulieren: Bei mehreren Eheschließungen am Tag, fehlt dafür häufig einfach die Zeit).
Für diese Paare bietet eine freie Trauung unzählige Möglichkeiten. So kann der Ort frei bestimmt werden: Ob in einem blühenden Garten, im Schloss Ludwigsburg oder auf dem Gipfel eines Bergs - alles ist möglich.
Ebenso kann das Brautpaar völlig frei entscheiden, welches Ritual es möchte, welche Texte gelesen werden und wie das Eheversprechen aussehen soll - wenn es überhaupt eins geben soll.
Als freier Trauredner ist mir am wichtigsten, dass das Brautpaar sich wohl fühlt. Ich möchte den beiden eine Zeremonie schenken, die zu ihnen passt, die authentisch ist und nichts überstülpt. Darum muss ich auch nicht meine Ideale verraten. Im Gegenteil! (Hier könnt Ihr lesen, was mir bei Eurer freien Trauung noch wichtig ist)
Bei der Frage, ob man kirchlich oder frei heiraten möchte, geht es also nicht um Konkurrenz. Um bei dem Bild zu bleiben: Es stellt sich nicht die Frage "Daimler oder BMW?" Es stellt sich vielmehr die grundsätzliche Frage: Auto oder Fahrrad? Wer dann in unserem Fall aber wer ist, muss jede Leserin und jeder Leser selbst entscheiden...
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